Der Einfluss sozialer Medien auf die Psyche

Posted by Julia Werner  • 

Wie verändern digitale Medien unser Gehirn?

Kennen Sie das, wenn Kinderfinger auf Papas iPhone souverän das neueste Video streamen, blitzschnell und nur mit dem Daumen Nachrichten schreiben, digitale Medien bedienen, als wäre es das Einfachste der Welt, oder absolut konzentriert in einer Welt aus digitalen Bauklötzen unterwegs sind. Stunden, wenn man sie denn lassen würde.

Kinder und Jugendliche sind die „digital natives“, die Eingeborenen der Welt des Internets. Sie sind mit Computer und Handy aufgewachsen und haben ihr Gehirn in einer besonders sensiblen Phase auf diese Medien eingestellt, sagt der amerikanische Neurowissenschaftler und Autor Gary Small. Seiner Ansicht nach reagieren Kinder und Jugendliche heute schneller, spontaner und flexibler als noch vor 15 Jahren.

Digitale Medien und das Gehirn

Aber warum sind gerade die digitalen Medien so anziehend? Der Umgang mit Computer, Smartphone oder Tablet lässt Botenstoffe im Gehirn explodieren und verändert so die Gehirnzellen, so Small. „Der tägliche Umgang mit Hightech-Erfindungen führt dazu, dass Hirnzellen sich verändern und Neurotransmitter freigesetzt werden, wodurch allmählich neue neuronale Bahnen in unserem Gehirn gestärkt und alte geschwächt werden“, schreibt der amerikanische Hirnforscher. Small leitet das Memory and Aging Research Center an der Universität Los Angeles und hat gemeinsam mit seiner Frau, der Journalistin Gigi Vorgan, ein Buch mit dem bezeichnenden Titel „iBrain“ geschrieben. Darin ist zu lesen, dass das menschliche Gehirn seine größte Plastizität in den Kindheitsjahren hat. In diesen Jahren werden im Gehirn viele Verschaltungen gebildet. Verbindungen, die das Gehirn für unnötig erachtet, die also selten genutzt werden, kappt das Hirn im Laufe der Entwicklung wieder. So reduziert sich die Anzahl der Synapsen in der Pubertät um bis zu 60 Prozent.

5 bis 6 Stunden online – täglich

5 bis 6 Stunden verbringen wir Deutschen im Durchschnitt jeden Tag mit digitalen Medien. Die Folge: Unser Gehirn passt sich dem medialen Dauerfeuer an. Der Einfluss von Internet und Smartphones schlägt sich in unseren neuronalen Strukturen nieder.

Intensive Mediennutzung verändert Wahrnehmungsgewohnheiten, Konzentration, Erinnerungsvermögen, Lernfähigkeit und soziale Kompetenz, das konnten Hirnforscher bei Studien messen und teils sogar sichtbar machen. Dem Göttinger Neurobiologen Gerald Hüther bereitet der digitale Sog Sorgen: „Dass man das Wichtige vom Unwichtigen nicht mehr auseinanderhalten kann“, so Hüther, „das ist das Merkmal der digitalen Medien.“

Digitale Intelligenzsteigerung?

Besonders eine der wichtigsten Kommandozentralen ist aus Sicht von Hüther gefährdet: „Dieser frontale Cortex ist die interessanteste Region im menschlichen Hirn überhaupt“. Gleich hinter der Stirn liegt der Bereich im Gehirn, wo die Netzwerke liegen, mit deren Hilfe wir uns in andere Menschen hineinversetzen können. Wo wir Handlungen planen und auch lernen, Frustrationen auszuhalten und unsere Impulse zu kontrollieren. „Und da zeigen Untersuchungen immer häufiger, dass diejenigen jungen Leute, die intensiv in diesen Multitasking-Computerbeschäftigungen unterwegs sind, gewisse Probleme haben, diesen Frontalcortex aufzubauen und zu verschalten“, erklärte der Neurobiologe in einer Wissenssendung des SWR. Das Stirnhirn leidet also unter Reizüberflutung und sprunghafter Aufmerksamkeit.

Allerdings zeigen sich in anderen Hirnregionen auch positive Effekte. Manche sprechen sogar von „digitaler Intelligenzsteigerung“. Dazu gehört, dass die „digital natives“ viel schneller optische Eindrücke wahrnehmen und auf Informationen in Bildern reagieren.“ Kein Wunder, schließlich sind sie seit ihrer Kindheit an den rasenden Informationsfluss gewöhnt, der unseren Alltag bestimmt.

Eingeborener oder Einwanderer?

Den „digital natives“ stehen die „digital immigrants“ gegenüber, die Einwanderer, die als Erwachsene den Umgang mit dem Computer erlernt haben. Einige von ihnen können sich noch daran erinnern, dass man zu Hause nur einen einzigen Fernseher für die ganze Familie hatte – mit drei Programmen in Schwarz-Weiß. Die meisten Erwachsenen gehen natürlich inzwischen routiniert mit dem Computer um.

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„Meine Generation ist erst später im Leben zu den Technologien gekommen“, erklärt der amerikanische Wissenschaftler Small. Noch sieht er aber zwischen Einwanderern und den digitalen Einheimischen eine Kluft, die Small und Vorgan in ihrem Buch als „brain gap“ bezeichnen. „Die Hirne der zwei Gruppen sind anders verdrahtet.“ Man müsse sich fragen, wie die Lücke überbrückt werden könne.

Aber es gibt auch gute Nachrichten. Je älter wir sind, umso mehr können wir von den neuen Herausforderungen an das Gehirn profitieren: Forscher der University of California in Los Angeles haben bei Untersuchungen von interneterfahrenen 55- bis 76-Jährigen festgestellt, dass die Netzsuche mehr Gehirnareale aktiviert als das Lesen eines Buchs.

Ein Konzept für die Datenmassen

Die Digitalisierung hat längst auch unsere Büros erreicht. E-Mails, RSS-Feeds, Push-Meldungen: Allein die tägliche Datenmenge, die im Sekundentakt auf uns einprasselt, schafft Probleme, denen wir uns stellen müssen. Während ein Computer problemlos 20 Fenster gleichzeitig geöffnet haben kann, kann uns schon eine eintreffende E-Mail aus dem Konzept bringen. Die menschliche Aufmerksamkeit muss sich fokussieren. Gerade Erwachsene, die nicht mit den neuen Medien aufgewachsen sind und unter der täglichen Informationsflut leiden, sollten überlegen, welche Informationen in diesem Moment wirklich wichtig sind und welche warten können oder müssen. Müssen Sie jede eingehende E-Mail sofort gemeldet bekommen? Oder reicht es nicht auch, wenn Sie Ihre Mails „nur“ alle 30 Minuten checken? Müssen Sie die Nachrichten aus aller Welt per Push-Meldung sofort auf Ihr Smartphone bekommen oder reicht nicht auch die Tagesschau um 20 Uhr?

Digitale Arbeit macht flexibel

Unter „Crowdworking“ versteht man digitale Aufträge, die vollständig über das Internet abgewickelt werden. Was ursprünglich als Zuverdienst für Privatleute gedacht war, entwickelt sich für immer mehr Menschen zur hauptberuflichen Vollzeitbeschäftigung.

Arbeit 4.0 – ein neues Leitbild?

Die Digitalisierung der Arbeitswelt bietet aber auch große Chancen. Durch neue Technologien und die globale Vernetzung ist es nicht mehr nötig, Tür an Tür zu sitzen und zu arbeiten. Mithilfe von Videokonferenzen können Teilnehmer aus der ganzen Welt zusammenkommen. Dank der Cloud-Technologie greifen japanische und amerikanische Kollegen auf zentral gespeicherte Dokumente zu und bearbeiten sie. Dank dieser Möglichkeiten können Arbeitnehmer etwa in ländlichen Regionen wohnen und trotzdem bei einem internationalen Konzern arbeiten. Die räumliche Flexibilität, die noch vor einigen Jahren so gefragt war, ist heute in vielen Fällen nicht mehr wichtig. Sie können von Nienburg aus für eine Firma in New York arbeiten.

Die Möglichkeiten, die die digitale Welt uns bieten, werfen die Frage nach der Arbeit der Zukunft auf. Brauchen wir angesichts der aktuellen technischen Trends ein neues Leitbild von Arbeit? Die digitalen Medien haben einen kulturellen und gesellschaftlichen Wandel angestoßen. So entstehen auch neue Ansprüche an Arbeit. Viele globale Unternehmen verzichten schon auf eine feste Bürostruktur. Wer kommt, setzt sich, wo Platz ist oder wo er gerade gebraucht wird, verbindet sich mit dem Netzwerk und legt los.

Auch ziehen soziale Netzwerke in immer mehr Unternehmen ein. Die Rede ist von Social Software, also von vorwiegend unternehmensintern genutzten Kommunikationsplattformen, die nach dem Vorbild des Web 2.0 die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander verändern soll. Bereits 35,8 % aller Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz experimentieren gemäß einer Erhebung des Hamburger Trendbüros und ihres Auftraggebers, des Verbands Büro-, Sitz- und Objektmöbel, mit Blogs, Unternehmens-Wikis oder intern genutzten sozialen Netzwerken.

Entscheidende Schlüsselqualifikation

Buchtipp:

„iBrain: Wie die neue Medienwelt das Gehirn und die Seele unserer Kinder verändert“ von Gary Small und Gigi Vorgan, ISBN-10: 3783131960

Wie genau die Zukunft unserer Arbeit aussehen wird, ist an vielen Stellen noch offen. Klar ist aber, die entsprechende Medien- und Informationskompetenz wird immer mehr zur Voraussetzung für die erfolgreiche Teilhabe an Arbeit, Wissen und Erfolg. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen ist die „vierte Kulturtechnik“ schon längst eine entscheidende Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts.

Die Autorin Tina Allerheiligen ist seit 2010 als PR-Beraterin und freie Journalistin tätig.

Studenten: kein Leben ohne Internet!

40 Prozent der Studenten sagten, dass ihnen Internet-Aktivitäten und Kontakte über soziale Medien wichtiger sind als ein Treffen oder Ausgehen mit Freunden im wirklichen Leben. Ein Drittel meint sogar, dass das Internet genauso wichtig wäre wie Wasser, Nahrung, Luft und ein Dach über dem Kopf, für knapp die Hälfte ist es fast so wichtig.

Allerdings besitzt die ständige Verbindung mit sozialen Netzwerken auch Schattenseiten. So werden 43 Prozent der Studenten mindestens dreimal pro Stunde dadurch abgelenkt oder gestört, während sie sich auf ein Projekt oder eine Heimarbeit konzentrieren möchten.

"In welchem Ausmaß Internet und soziale Netzwerke das tägliche Leben von Studenten bereits verändert haben, zeigt diese aktuelle Studie eindrucksvoll", sagt Cécile Willems, Direktorin Vertrieb Öffentliche Hand, Cisco Deutschland. "Entsprechend müssen sich die Hochschulen darauf einstellen und virtuelle Vorlesungen sowie Informationsangebote und Netzwerke online anbieten, um hochqualifizierte Studenten zu gewinnen. Zudem ist eine virtuelle Zusammenarbeit auch über Ländergrenzen hinweg mit Partner-Universitäten oder Unternehmen für ihre Wettbewerbsfähigkeit notwendig."

Erwartungen an die Arbeitswelt

Auch für die spätere Arbeitswelt besitzen Studenten klare Vorstellungen. So erwarten sieben von zehn Befragten, dass Arbeitsgeräte wie PCs und Smartphones auch Unterhaltungsangebote enthalten sollten, da sich Arbeitszeiten und Freizeit häufig überschneiden. Fast die Hälfte der Studenten möchte keine festgelegten Arbeitszeiten haben sowie an jedem beliebigen Ort tätig sein können.

29 Prozent der Studenten würden auch nicht in einem Unternehmen arbeiten, dass die Nutzung Sozialer Medien während der Arbeitszeit mit Arbeitsgeräten verbietet. Ebenfalls etwa ein Drittel ist bei der späteren Jobsuche Flexibilität, Zugang zu Sozialen Medien oder die Nutzung privater Geräte am Arbeitsplatz wichtiger als das Gehalt. Sogar 64 Prozent der Studenten wollen ihren späteren Arbeitgeber zu den Richtlinien für soziale Medien und der Nutzung privater Geräte am Arbeitsplatz befragen, auch wenn für 40 Prozent davon die Antwort keinen Einfluss auf ihre Job-Entscheidung hat.

Sensibel für Sicherheit

Fast drei Viertel der Studenten glauben, dass ihre Generation sich zumindest einigermaßen um Sicherheitsbedrohungen über das Internet kümmert. Dies ist eine deutlich höhere Rate als bei jungen Arbeitnehmern, die nur zu 58 Prozent beim Zugang auf Unternehmensinformationen von außerhalb Acht geben.

"Sicherheit und Datenschutz sind für junge Internet-Nutzer immer wichtigere Themen", ergänzt Cécile Willems. "Trotzdem herrscht weiterhin deutlicher Informationsbedarf, vor allem bei der täglichen Nutzung. Entsprechend sollten Hersteller von Geräten, Software und Netzwerklösungen möglichst intelligente Sicherheitsmaßnahmen einbauen und standardmäßig aktivieren. So bieten wir eine Infrastruktur, die zuverlässig jegliche Software-Angriffe und Eindringlinge erkennt und blockiert."

Einige Befragte brechen bewusst Sicherheitsrichtlinien. Zum Beispiel nutzt einer von zehn Studenten drahtlose Netzwerke von Nachbarn, ohne ihnen Bescheid zu geben. Ebenfalls jeder Zehnte hat sogar schon versucht, sich in ein abgesichertes Funknetz zu hacken. Bedenklich ist auch, dass die Mehrheit der Studenten schon einmal Freunden, Familienmitgliedern oder Kommilitonen ihren Computer unbeaufsichtigt nutzen ließ. Und mehr als ein Viertel hat seine PC- oder Online-Kennwörter noch nie geändert.

Der Einfluss sozialer Medien auf die Psyche

Wer keine Sicherheitsvorkehrungen trifft, kann im Internet mit verletzenden Kommentaren und Cybermobbing konfrontiert werden. In der virtuellen Welt neigen leider einige Menschen dazu, ihre Hemmungen fallen zu lassen. Unter dem Schutz der Anonymität teilen sie besonders hart aus. Stellen Sie deswegen in den Sicherheitseinstellungen des jeweiligen sozialen Netzwerks ein, dass Ihr Profil und Ihre Posts nur für Personen aus Ihrer Freundesliste sichtbar sind. Konfigurieren Sie Ihr Profil so, dass Sie keine Nachrichten von Fremden erhalten können. Adden Sie außerdem nur Personen, die Sie real kennen und recherchieren im Zweifelsfall erst nach, bevor Sie jemanden als Freund hinzufügen.

Weitere Informationen finden Sie bei der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht“. Sie informiert Familien umfangreich zur Medienerziehung.

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